Jahresrückblick 2007

Der Deutsche Kunstrat hatte im Herbst des vergangenen Jahres anlässlich einer Museumstechnik-Messe (EXPONATEC) in Köln seinen ersten öffentlichen Auftritt. Mit der Fragestellung „Was ist KunstWERT“ war hier ein Thema vorgegeben, das für alle Mitgliedsverbände des Deutschen Kunstrats von Bedeutung ist. Handelt es sich doch um eine Frage, die sich immer wieder von Neuem stellt, und deren Antworten über den jeweiligen Zeitgeist hinausgehend möglichst auf objektiven Kriterien gründen sollten.

In seiner Eröffnungsrede erinnerte Olaf Zimmermann daran, dass das Thema Wert - in seiner nicht sonderlich verführerischen Spielart der MehrWERTsteuer - Anfang der 80er Jahre die Verbände an einen Tisch und zur Institutionalisierung des Kunstrats geführt hat. Das periodisch immer wieder einmal drohende Damoklesschwert einer Annullierung des Steuerprivilegs schweißt nach wie vor die Mitgliedsverbände des Deutschen Kunstrats zusammen.

In den Statements der Referenten des Symposiums wurde eine ganze Reihe von Kategorien und Maßstäben formuliert, die den Facettenreichtum des Themas „KunstWERT“ vor Augen führten. Für Kunsthistoriker beispielsweise ist die „Qualität“ eines Werkes für dessen Wertbestimmung entscheidend; hierzu bedarf es vor allem des Vergleichs der Werke untereinander und einer Rückbesinnung auf das historische Kulturgut. Der Restaurator hingegen fragt nach dem Erhaltungszustand und rekurriert in seiner Bewertung primär auf die Materialität eines einzelnen Objektes. Die Kunsthandwerker bedauerten, dass der Hype um die zeitgenössische Malerei den Blick auf die Ästhetik des ohnehin unterbewerteten Kunsthandwerks verstellt hat. Während die Galeristin schon aus wirtschaftlichen Gründen werthaltige - vulgo marktgängige - Künstler vermitteln muss, schlägt ihr Herz eigentlich für eher schwer verkäufliche Arbeiten. Sie hat damit denjenigen, die stets den Kommerz als Feind der Kunst präjudizieren, ebenso den Wind aus den Segeln genommen wie der Museumsdirektor, der dem Kunsthandel eine besondere Erfahrungskompetenz hinsichtlich des Erkennens und Herausfilterns von herausragenden Kunstwerken zuspricht. Bekanntheit, Provenienz, Aura, Stilbildung und nicht zuletzt nationale Identifikation sind Stichworte, die für eine museale Würdigung von Kunstwerken ausschlaggebend sind. Der Aspekt des Innovativen spielt vor allem für avancierte Kunstvereine eine gewichtige Rolle: sie wollen im besten Falle junge Positionen zeigen, die noch nicht in aller Augen sind. Die Kunstkritiker wenden sich gegen den repetitiven Kult, der mit Künstlern betrieben wird, die den Olymp erklommen haben und zu Stars geworden sind. Und die Künstler selbst? Sie sind im Deutschen Kunstrat mit fünf unterschiedlichen Organisationen vertreten und haben einen Repräsentanten entsandt, der als Lehrer einer Kunstakademie vom Ringen junger Künstler um Anerkennung ein Lied zu singen wusste (siehe auch PUK, Nr. 1/2008).

Der Kunstrat ist eine stabile Säule des Deutschen Kulturrats; dazu trägt vor allem das Know-how seiner Mitglieder bei. Neu aufgenommen wurde der Verband unabhängiger Kunstsachverständiger (VUKS), der sich die Neufassung der Bestellungsvoraussetzungen für Kunstsachverständige zum Ziel gesetzt hat und das weitere Vordrängen von bloßen „Hausrat-Experten" in seinen Kompetenzbereich zu blockieren versucht. In diesem Zusammenhang befasst sich VUKS auch mit der Aus- und Weiterbildung von Kunsthistorikern zu Sachverständigen.

Der Verband Deutscher Kunsthistoriker seinerseits war 2008 weitgehend mit den Vorbereitungen für den internationalen Kunsthistorikerkongreß, der 2012 in Nürnberg stattfinden wird, beschäftigt.

Auch der Bundesverband Kunsthandwerk überschreitet die nationalen Grenzen und hat das Sekretariat des World Crafts Council Europe in seine Geschäftsstelle in Frankfurt integriert. Für die Mitglieder wurden neue Ausstellungsmöglichkeiten geschaffen und es wurde eine Konferenz zum Thema „Reflexionen zur Qualität angewandter Kunst“ veranstaltet.

„Qualität“ war auch das entscheidende Kriterium, nach dem die Stiftung Kunstfonds rund 1,4 Mio. Euro für Künstlerstipendien, Ausstellungsprojekte sowie Publikationen zur zeitgenössischen Kunst ausgegeben hat. In Kooperation mit dem Land NRW konnte darüber hinaus ein Archiv für Künstlernachlässe realisiert werden, das ab 2009 in einer ehemaligen Abtei in der Nähe von Köln seinen Stammsitz haben wird.

Die Spezialisierung der Mitglieder des Verbandes deutscher Restauratoren (VDR) bildet die ganze Vielfalt dieses für den Kulturerhalt so wichtigen Berufsfeldes ab. Die Verantwortung reicht von archäologischen Objekten über Gemälde bis hin zu technischem Kulturgut. Zur weiteren Professionalisierung arbeitet der VDR an Standards der Ausbildung und Berufsausübung und hat sich ein Berufstitelschutzgesetzes als nächstes Ziel gesetzt.

Die Internationale Gesellschaft der Bildenden Künste (IGBK) hat pünktlich zu ihrem 50-jährigen Jubiläum den Band ’Reality Check - who is afraid of master of arts?’ zur Reform der europäischen Kunsthochschulen herausgeben. Außerdem realisierte die IGBK ihr Projekt ’Dreams of Art Spaces Collected’, in dessen Rahmen Künstler und Kuratoren in China, Europa und Australien zur aktuellen Kunstszene befragt wurden.

Der Deutsche Künstlerbund hat seine Arbeit in kulturpolitischen Gremien intensiviert, u.a. als Mitglied im Sachverständigenkreis „Kunst am Bau“ beim BMVBS. Konkrete Vermittlungsarbeit findet vor allem durch vielfältige Ausstellungsaktivitäten im Projektraum des Deutschen Künstlerbundes in Berlin statt.

Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler hat eine als Triennale angelegte, bundesweite Ausstellungsreihe in Angriff genommen, an der erstmals 48 professionelle Veranstalter und Galerien mit über 530 Künstlern teilgenommen haben. Außerdem arbeitet der BBK Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an einer Studie, die ermitteln soll, inwieweit professionelle Künstler künftig auch Kinder und Jugendliche - insbesondere aus sozial schwachen Familien - im schulischen und außerschulischen Bereich unterrichten können.

Die GEDOK engagiert sich für KünstlerINNEN in allen Sparten. Besonders aktiv war die niedersächsische GEDOK-Sektion, die anlässlich ihres 80jährigen Bestehens in Hannover die Ausstellung "Scharf - die Frau in der Gesellschaft heute" in Zusammenarbeit mit den Jüdischen Gemeinden Niedersachsens ausgerichtet hat. Eine Ausstellung im Neuen Rathaus Hannover informierte überdies über die Geschichte der GEDOK und seine Gründerin Ida Dehmel.

Ein Schwerpunkt in der Arbeit des Bundesverbandes Deutscher Galerien und Editionen (BVDG) lag in der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Relevanz des künstlerischen Originals in strikter Abgrenzung zu Falsifikaten. Auf der Kunstmesse Art Cologne hat der BVDG im Rahmen eines vom BKM finanzierten Förderprogramms kostenfreie Stände an zwei Dutzend junge Künstler vergeben. Weitere Highlights waren die Kunstpreise an den legendären Entdecker-Galeristen Erhard Klein und an das Künstlerduo Gert und Uwe Tobias.

Der Arbeitskreis Deutscher Kunstvereine (ADKV) hat Im November zum Abschluss des zweijährigen Projektes CROSSKICK Studierende von dreißig europäischen Kunsthochschulen zu einer einwöchigen CROSSKICK ACADEMY nach Berlin eingeladen. Dieses Programm eines kooperativen Austauschs von europäischen Kunsthochschulen mit deutschen Kunstvereinen war nachhaltig erfolgreich. Außerdem hat der ADKV den Preis für Kunstvereine (Wolfsburger Kunstverein) und einen Preis für Kunstkritik (Ludwig Seyfarth) verliehen.

Die 1993 begründete Reihe "Schriften zur Kunstkritik" der deutschen Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbandes AICA hat mit einer Veröffentlichung über Arno Breker mittlerweile Band 17 erreicht. Der Verband hat überdies das Wiesbadener Museum für seine qualifizierte und innovative Vermittlungsarbeit als „Museum des Jahres“ gewürdigt; als "Ausstellung des Jahres 2007" wurde die Brice-Marden-Schau im Hamburger Bahnhof (Berlin) ausgezeichnet.

Der Deutsche Museumsbund war 2007 als wichtiger Gesprächspartner in der brisanten Restitutionsdebattte gefordert. Neben Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit hat der Museumsbund erstmals einen praktischen Schwerpunkt gesetzt und einen Einkaufsführer für Museen herausgegeben - eine nützliche Serviceleistung rund um die Themen Sicherheitstechnik, Präsentation, Restaurierung u.v.a. mehr.

Gemeinsam mit seinen französischen Kollegen hat die deutsche Sektion des Internationalen Dachverbandes der Museen ICOM in Kooperation mit dem Technikmuseum Berlin die Tagung „Wissenschaftsmuseen im deutsch-französischen Dialog“ veranstaltet. Nahezu einhundert Experten aus den Wissenschaftsmuseen der Partnerländer stellten hier im Oktober 2007 zukunftweisende Projekte vor. Besondere Schwerpunkte bildeten dabei Vorträge zur Wissenschaftskommunikation und zum Lernen im Museum.

Birgit Maria Sturm (Sprecherin)

Erschienen in: Politik und Kultur, Ausgabe Mai-Juni 2008